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Roman Signer

Die ideale
Reisegeschwindigkeit

Im Jahr 2002 kam Roman mit einer Postkarte zu mir, eine Abbildung einer Skisprungschanze, eine Übungsschanze ganz in der Nähe von Zakopane, der Heimat seiner Frau Aleksandra. Er würde gerne eine Aktion mit dieser Schanze machen. Mit einem Ape. Das sind die 3-Rädrigen, kleinen Vespacars. Man könnte das vielleicht filmen. Ich hatte zu der Zeit schon öfters mit Roman gearbeitet, wir waren zusammen in Venedig, in Amerika, England, Schottland, Spanien, Japan, Frankreich, Island.....

Und ich wusste, dass das Reisen ein wichtiger Bestandteil von Romans Arbeit ist. Es ist nicht nur das irgendwohin fahren, Einrichten, Eröffnen und wieder zurück. Es war immer auch ein Besuch in einer fremden Gegend. Und das weckte immer die Neugier in Roman. Was machen die da, wie leben die, gibt es ein Museum, eine Buchhandlung, eine Feuerwehr, Industrie, wie sieht die Gegend aus.

"Nöppis go luege" war sein Wunsch.

Somit war eigentlich klar, dass wir nicht einfach nach Polen fahren und die Aktion machen. Wir machen eine Reise mit Roman. Und so ergab es sich, dass wir, also ein Stab bestehend aus 8 Personen mit 3 Fahrzeugen, uns mit Roman auf den Weg machten. Einen Plan gab es nicht. Es existierte kein Konzept und kein Drehbuch. Wir fuhren los und drehten. Nichts wurde wiederholt, dass war die Abmachung, gedreht ist gedreht. Und es gab, fast, keine Gespräche vor der Kamera. Dies war nicht zuletzt aufgrund von Erfahrungen, die Roman beim Dreh von „Signers Koffer“ (Peter Liechti 1995) machte. Das waren die zwei Abmachungen die wir getroffen haben. Ansonsten war alles offen, wir hatten ein Zeitfenster von 20 Tagen und genug leere Bänder. Die Reise begann im Hotel Waldhaus in Sils, wo wir „Signers Koffer“ aufführten.

In Chiavenna kauften wir den gebrauchten Ape von einem netten Italiener, über Italien, Östereich, Ungarn, Tschechien, Slowakien reisten wir nach Polen. Unterwegs kam es immer wieder zu „kleinen Ereignissen“, wie Roman seine Arbeiten öfters auch nennt, zu Begegnungen und Beobachtungen. In Polen mussten wir zuerst mal die Schanze restaurieren. Wir trafen uns mit dem Baumeister dieser Schanze, mit den Jugendlichen im Dorf, mit dem Priester, der den Ape und Roman (und das Drehteam) sogleich auch noch segnete. Und am Schluss, da stand dieser Ape auf dieser Polnischen Sprungschanze. Im Feuerwehrhaus zeigten wir noch einmal „Signers Koffer“, Teile von diesem Film wurden auch dort gedreht, alle kamen, der Priester hatte in der Sonntagsmesse dazu aufgerufen.

Nach zweieinhalb Wochen hatten wir unzähliges Filmmaterial, wunderbare Fotos, kein Geld mehr und wieder die Erkenntnis, dass es doch verdammt schwer ist, nach Peter Liechtis Film nochmals einen Film mit Roman zu machen. Diese Latte war sehr sehr hoch gelegt. Und so wanderten die Bänder ins Archiv, wurden ab und zu auf neue Formate umkopiert, und immer wieder mal angeschaut. Aber so richtig an die Arbeit traute sich nicht wirklich jemand. Es gab auch ohne diesen Film genügend zu tun, grosse Ausstellungen und viele wunderbare, andere Arbeiten.

Ich hab einmal mit Peter Liechti darüber gesprochen, der von dem Projekt wusste und mich fragte, wie weit wir seien. Und ich erklärte ihm, dass es sehr schwierig ist, nach seinem Meisterwerk nochmals einen Film über Roman zu machen. Man wird immer an „Signers Koffer“ gemessen und wird wohl scheitern.

Es war aber Peter Liechti, der der Meinung war, wir müssten das machen. Vielleicht hatte er recht.

Neulich sassen wir, Karin und ich, mit Roman auf Sardinien, wo er eine Ausstellung hatte, zusammen in einem Cafe und sprachen über diese Reise von damals. Und so viele, viele Jahre danach, mit Abstand und auch einer gewissen Gelassenheit, waren wir der Meinung, dass es jetzt an der Zeit ist, diesen Film fertig zu stellen. Es ist auch Romans Wunsch, dass er auf seinen Achtzigsten Geburtstag hin erscheint.

Unterdessen, wir schreiben 2025, also 22 Jahre später, Roman Signer ist nun 87 Jahre alt - das Kunsthaus Zürich hat den Künstler mittlerweile auch entdeckt - ist dieser Film doch noch gemacht. Er handelt vom Reisen, vom Unterwegssein, von Romans phantastischen Arbeiten und: es ist auch ein Rückblick.

Gedreht noch im 4:3 Format, kein HD, trotzdem farbig und 74 Minuten lang. Ein Film für Roman.

Aufdi Aufdermauer